Rulaman Deutschland e.V.
    ...willkommen in der Höhle

Beisetzung von Joachim

Liebe Rulas, liebe Bikerfreunde,
 
am 02. Januar erhielt ich das bis dahin bestehende Gerücht über den Tod unseres langjährigen Member Joachim Jäger, von seiner Tochter bestätigt.
Joachim war seit längerer Zeit schwer erkrankt und trotzdem war immer wieder ein Hoffnungsschimmer, dass er diese schwere Krankheit überwinden würde.
 
Im Oktober erhielt ich in einem Briefumschlag die Kündigung aus dem Verein zum 31.12.2012 sowie die Rückenaufnäher seiner Kutte. Das konnte und wollte ich so nicht akzeptieren. Bei einem persönlichen Besuch habe ich Joachim die Vereinsinsignien zurückgebracht. In einem langen Gespräch, das damals ziemlich unter die Haut ging, merkte ich, wie tief Joachim mit RULAMAN verbunden gewesen ist. Es war an diesem Gespräch, sein ausdrücklicher Wunsch, von RULAMAN auf seinem letzten Weg begleitet zu werden. Seine Kündigung aus dem e.V. wurde damals zurückgenommen. Worüber ich wirklich erleichtert war, ich wollte ihn so nicht gehen lassen, nicht nach so viel Jahren. Joachim ist im Jahre 1998 in das Chapter eingetreten und wäre im März für 15jährige Mitgliedschaft geehrt worden.
 
Seine Tochter Melanie Knies geb. Jäger,  mit der er wohl kurz vor seinem Tode auch über zeremonielle Abläufe der Trauerfeier gesprochen musste, nannte mir einen geplanten Beisetzungstermin, als den Donnerstag, 10.01.13 um 14.00h. Danach haben wir noch zweimal zusammen telefoniert. Beim letzten Gespräch bat sie mich, dass wir wohl früher zum Friedhof kommen sollten, um die Bikes vor der Aussegnungshalle zu platzieren? Hinterher wusste ich nicht, ob ich das falsch verstanden hätte "in den Friedhof einfahren"?
 
Unter diesem Gesichtspunkt versuchte ich, unsere Member für diesen Termin zu sensibilisieren. Wir trafen uns deshalb vorgestern bereits um 12.30h an der Aral-Tanke in der Zeilstrasse in Pfullingen, vor dem Tunnel.  Als ich mit Gudrun gegen 12.15h an der Tanke ankam, war schon eine kleine Gruppe Biker vor Ort. Nachdem ich getankt hatte, fuhr ich zu den Wartenden. Begrüßte die 3 – 4 Member, sowie 2 mir Unbekannte, die wohl unsere im GEA geschaltete Todesanzeige gelesen hatten.
 
Bald stellte sich heraus, dass die zwei sehr wohl unsere Trauernachricht gelesen hatten, aber aus anderen Beweggründen, als der Beisetzung beizuwohnen, gekommen waren. Die beiden Herren waren von der KRIPO Reutlingen und befürchteten Massenaufläufe, Bandenkriege, Verkehrschaos und was weiß ich noch was. He wir waren RULAMAN und waren dabei, einen unserer Member auf seinem letzten Weg zu begleiten.
Ich versuchte ihnen ihre Bedenken zu nehmen und sagte, dass ich mit 10 bis max. 15 Bikes rechnen würde und etwa 30 – 35 Member, die größtenteils bei den Witterungsverhältnissen wohl mit dem Auto kommen würden. Trotzdem hatte die Verkehrsstaffel Pfullingen auch einen Streifenwagen für uns abgestellt und eben dieses neutrale Fahrzeug der KRIPO. Ich wusste garnicht, dass wir solch gefährliche Rocker sind? Ich erklärte den Beiden, dass wir doch die Guten unter den Bösen sind!!
 
Immer mehr Rulas fuhren an der Tanke vor! Und wir legten den vorbereiteten Trauerflor über unser Color, zum äußeren Zeichen unserer Wertschätzung. Vor der Abfahrt waren es 9 Bikes und knapp 40 Member. So formiert fuhren wir im Konvoi unter Führung von RC Rainer zum Friedhof nach Eningen. Dort erwartete uns um 13.30 der örtliche Bestatter Herr Werz und winkte uns tatsächlich zum Nebeneingang in den Friedhof. Noch heute denke ich ungläubig, war das wirklich so? Ich war schon auf einigen Beerdigungen von HOG Freunden, aber mit den Harley’s mitten in den Friedhof? Eigentlich eine Straftat, die sich „Störung der Totenruhe“ nennt. Aber wir fuhren zwischen Grabreihen an den Ausgang der Trauerhalle. Am Friedhof warteten noch ein paar Member, die direkt gefahren waren. In der Trauerhalle zählte ich dann 43 Rulas und ein ehemaliges Mitglied. 44 Biker/innen waren gekommen um unserem Joachim die letzte Ehre zu erweisen – Danke!
 
Die Trauerreden hielten die Tochter von Joachim und eine Nichte von ihm aus einem kleinen Raum, wo die Urne mit den sterblichen Überresten des Toten aufgebahrt war. Die Reden wurden unterbrochen von Liedern der „Rolling Stones“, deren Fan Joachim immer gewesen ist.
 
Die Trauerrede, der Tochter, ich sage euch Leute, trotz der schlechten Tonqualität eine der ergreifendensten Trauerreden, die ich je gehört habe! Das hätte kein Pfarrer so authentisch rübergebracht. In dem großen Raum, in dem wir saßen und stumm der Abschiedsrede lauschten, war es die ganze Zeit über totenstill, die berühmte Stecknadel hätte man wirklich fallen hören können! Kein Räuspern, kein Getuschel, einfach nur innere Einkehr, Jeder für sich und Jeder dachte wohl an die gemeinsamen Begebenheiten mit Joachim. Sein stilles zurückhaltendes Verhalten, und seinen wortkargen, aber treffenden Humor, so wie sein verschmitztes Lächeln – so war er und so werden wir ihn in Erinnerung behalten dürfen.
 
Der Bestatter gab mir wie vereinbart ein Zeichen und wir gingen aus der Halle an unsere Bikes, umrahmt von 44 Bikern startete ich, als die kleine Familiengruppe zu sehen war, den Motor. Und mit mir zeitgleich schrien die anderen 8 Big Twins in die endlose Stille. Als die Tochter und die Nichte mit der Urne in meiner Höhe war, lag plötzlich mein Finger auf der Hupe. Alle anderen folgten und gut und gerne 2 Minuten drehten wir für unseren Joachim am Gasgriff und blieben auf der Hupe.
Das musste er gehört haben, wo immer er auch war!
 
Da standen wir, 44 hartgesottene Biker, mitten im Motorenlärm, den wir so lieben und die Tränen liefen bei Allen. Erst als alle den Finger von der Hupe genommen hatten bewegte sich der kleine Trauerzug wieder und die Motoren wurden abgestellt. Wir folgten der Familie zur Urnenbeisetzung. Als ich zusammen mit dem Vice vor dem offenen Urnenplatz in der Mauer stand, sah ich, dass außer der Urne auch die RULAMAN Gürtelschnalle, seine Brille, ein Satz Motorradschlüssel von der Familie dem Urnengrab beigelegt worden war. Unser Vice legte noch zur Erinnerung einen RULAMAN-15 Jahres Pin mit dazu.
 
Nachdem alle Rulas an der Urne gestanden hatten, verließen wir den Friedhof und fuhren gemeinsam in den „alter Bahnhof“ nach Pfullingen, wo wir für RULAMAN reserviert gehabt hatten! Nach dem Kaffee löste sich die Gruppe auch rasch auf.
 
Gestern erhielt ich Mails von seiner Tochter Melanie und von dem Bestatter. Seine Tochter bedankte sich über alle Maßen für diesen feierlichen Akt und der Bestatter schrieb, dass er seinen Job schon über 10 Jahre mache, er aber noch nie eine solch ergreifende Beerdigung gehabt habe, wie als die Motoren gestartet wurden! Und ein RULAMAN schrieb mir, dass er genauso beerdigt werden wolle!
 
Danke an Alle, die diesen Nachmittag unserem Member Joachim gewidmet hatten!
 
Vielen herzlichen Dank
Chief H1 
 
Bericht Heinz Nestel, Bilder: Thomas Bossert, Fam. Nestel