Mit der Harley zum Ararat
Mit dem Motorrad 7023 Meilen / 11.307 km von Niederbayern über Österreich, Italien, Griechenland in die Türkei, bis an die syrische und iranische Grenze, zurück am Schwarzen Meer entlang bis Ordu, über Kappadokien, Istanbul, Griechenland, Mazedonien, Kosovo, Montenegro, Kroatien und Österreich.
Bei strahlendem Wetter starten wir am 30. April. Über Österreich geht es durch Italien, bis zum Stiefel nach Brindisi. Von dort mit der Fähre nach Griechenland, durch das Pindos-Gebirge, über den Katara-Pass nach Kalambaka, wo die Besichtigung der Meteora-Felsen-Klöster ansteht. Am nächsten Tag fahren wir bei warmem Wetter bis Eceabat, auf der Halbinsel Gallipoli, an den Dardanellen. Von dort setzen wir mit der Fähre über nach Canakkale und fahren durch eine wilde Landschaft bis Bergama (Pergamon). Hier ist besonders die Rote Halle sehenswert. Von Bergama führt die Tour nach Selcuk, wo die antike Stadt Ephesus besichtigt wird. Diese Stadt war Weltstadt, als Athen und Rom noch tiefste Provinz waren.
Weiter geht es nach Daylan, zu den bekannten Felsgräbern der Lykier. Hier ist auch die Heimat der Unechten Karettschildkröten. Entlang des schneebedeckten Taurus-Gebirges erreichen wir Xanthos – Weltkulturerbe – eine mächtige Stadt im lykischen Städtebund. Auf der einen Seite das türkisfarbene Meer, auf der anderen Seite die zerklüfteten Berge, fahren wir bis Kas und weiter bis Myra, der Stadt des Hl. Nikolaus, berühmt für seine Felsengräber aus dem 4. Jh. v. Chr. An der phantastischen lykischen Küste entlang erreichen wir Cirali, wo wir den Kultort Chimeira des nahe gelegenen antiken Olympos ansehen. Hier zügeln ewige ergasgespeiste Flammen aus den Felsen. Das besterhaltene römische Theater Kleinasiens in Aspendos steht als nächstes auf dem Programm. Weiter, vorbei an Alanya. Hier ist die Küste durch hässliche Betonburgen verschandelt.
Ab Gazipasa, wo das Taurus-Gebirge das Meer küsst, beginnt das schöne Kilikien. Die antike Landschaft – eine wild zerklüftete Küste, kaum bewohnt - erstreckt sich bis zur syrischen Grenze. Wir kommen nach Anamur (windiger Ort) und schauen uns die Bilderbuchburg „Mamure Kalesi“ an. Dann geht es über Silifke bis Kizkalesi, wo wir in einer alten Villa am Strand übernachten, mit Blick auf die „Mädchenburg“. Ausflüge zu den Höhlen „Cennet ve Cehennem“ – „Himmel und Hölle“ – wo Erdmutter Gaia das Feuer speiende, 100köpfige Ungeheuer Typhon zur Welt brachte, welches von Gottvater Zeus unter der Insel Sizilien lebend begraben wurde. Und auch die Überreste der antiken Stätten in Uzuncaburc sind einen Besuch wert.
Durch das wilde Taurus-Gebirge fahren wir zurück, über Mut (schöne Lal-Aga-Moschee), vorbei am Barbarossa-Denkmal, durch das Göksu-Tal, ein Naturparadies, nach Kizkalesi. Die Tour geht weiter, über Narli, Gölbasi in den Nemrut Dagi National Park. Hier sehen wir u. a. die antike Brücke, gebaut von Kaiser Septimius Severus, über den Fluss Cendere Suyu (Chabinas), den Karakus Tumulus, ein künstlicher Grabhügel aus geschottertem Stein, angelegt für die weibl. Mitglieder des kommagenischen Königreiches.
Am nächsten Tag geht die Fahrt auf den „Nemrut Dagi“, 2.200 m hoch. Dies ist der größte Grabhügel der Welt, bewacht von riesigen Köpfen aus Stein, erschaffen als Götterverehrung und zur Selbstvergötterung. Arsameia am antiken Fluss Nymphaios ist berühmt für sein Handschlag-Relief. Mit der Fähre geht es über den Atatürk-Stausee nach Siverek.
Von dort über eine grüne Hochebene bis Diyarbarkir, das historische Amida, die heimliche Hauptstadt der Kurden und das Tor zum Orient. 3-fache schwarze Basaltmauern umgeben die quirlige Altstadt. Die Mauern gehören zu den längsten der Welt, sie sind versehen mit 16 Türmen und 5 Toren. Die Geschichte der Stadt lässt sich bis auf das Jahr 3000 v. Chr. Zurückverfolgen. Über Silvan, Baykan und Bitlis fahren wir ins Gebirge, durch ein wildromantisches Tal. So erreichen wir Tatvan (1.690 m hoch) am türkisfarbenen Van-See. Der größte See der Türkei ist umrahmt von hohen schneebedeckten Bergen, ein herrlicher Anblick.
In Ahlat ist einer der schönsten und größten Friedhöfe Anatoliens zu sehen. Tausende von schlanken Grabstelen liegen hier im Gras oder ragen in den Himmel. Am nächsten Tag geht es am Südufer des Vansees durch eine pittoreske Landschaft aus Weizenfeldern, Bergsteppen, Bächen und grünen Wiesen, über den Kuskunkiran Pass, 2.234 m, bis zur Anlegestelle der Fähren, die zur Insel Akdamar im Van-See übersetzen. Die Überfahrt ist abenteuerlich, doch die herrliche Kreuzkuppelkirche auf der Insel macht das wett. Weiter führt unsere Reise nach Van, wo wir die Zitadelle Van Kalesi anschauen.
Die Tour geht weiter am Van-See entlang, mit Blick auf über 4.000 m hohe schneebedeckte Berge. Danach kommen wir in ein Gebirge, voller Lavagestein, das Werk des Vulkans Tendürek Dagi. Auf dem Tendürek Pass, 2.640 m, liegt Schnee und es ist kalt. Vorbei an sehr einfachen und armen Behausungen, mehrfach kontrolliert vom Militär (sehr freundlich) kommen wir nach Dogubayazit, 1.950 m hoch. Die kleine Stadt im äußersten Osten der Türkei, nahe der Grenze zum Iran, ist Ausgangspunkt für die Besteigung des Vulkans Ararat, 5.137 m, in der Nähe zu Armenien, Aserbaidschan und Iran. Der Ishak-Pascha-Palast auf 2.200 m Höhe zählte früher 366 Zimmer. Er kann besichtigt werden und man hat von dort einen herrlichen Überblick in die Landschaft.
Die Tour führt nun an der armenischen Grenze entlang, die Landschaft ähnelt der in USA Über Kars und Göle kommen wir durch ein wildromantisches Tal, Oltu Cayi. Eine imposante Schlucht, mit einem reißenden Fluss und zerklüfteten Berghängen. Über die kurvige schöne Strecke gelangen wir nach Yusufeli. Am nächsten Tag beginnt die Fahrt über eine Holperpiste, voller Schlaglöcher, aber durch eine grandiose Landschaft. Nach einer abenteuerlichen Flussdurchquerung erreichen wir Ispir.
Von dort führt die Tour durch das Gebirge, über den Ovit Dagi Pass, 2.600 m. Hier schneit es. Die Straße durch das Kackar Gebirge ist auch voller Tücken. Durch riesige Teeplantagen erreichen wir Rize, am Schwarzen Meer. An der Küstenstraße fahren wir nun bis Trabzon, wo die Aya Sofya, eine Kirche aus dem 13. Jh., hoch über dem Meer zu besichtigen ist. Wir übernachten in Macka und fahren am nächsten Tag durch das Pontische Gebirge in den Altindere Nationalpark, durch eine schmale dunkle Schlucht hinauf auf 1.200 m, zum Mönchskloster Sumela, welches wie ein Adlerhorst am Felsen klebt. Später geht es zurück nach Trabzon, über Giresun, an der Schwarzmeer Küste entlang. Auf der Halbinsel Vona fahren wir bis Ordu/Persembe, wo wir in einem tollen Hotel, mit Blick auf das Meer, übernachten.
Am nächsten Morgen geht es durch das Gebirge, über Niksar bis nach Amasya, im engen Tal des Yesilirmak-Flusses gelegen. Amasya, gegründet durch die Hethiter gegen Ende der Bronzezeit, gilt als die schönste Stadt Zentralanatoliens. Hier finden sich Kostbarkeiten aus seldschukischer und osmanischer Zeit. Nun geht es weiter, über Baustellen und schlechte Straßen, aber eine schöne Landschaft, mit mehreren Pässen und fruchtbaren Hochebenen, nach Kayseri, 1.054 m, am Fuß des Vulkans Erciyes, der mit seinen Ausbrüchen für die Tuffstein-Schichten in Kappadokien verantwortlich war.
Wir kommen nach Uchisar, einer der schönsten Orte in Kappadokien, wo der Burgfelsen wie ein Emmentaler Käse durchlöchert ist. Kappadokien, an der berühmten Seidenstraße gelegen, ist eine versteinerte Märchenlandschaft, Weltkulturerbe und Weltnaturerbe, für die wir uns 2 Tage Zeit nehmen. Von Kappadokien aus fahren wir ins westanatolische Binnenland, Richtung Konya. Wir besichtigen Sultanhani, inmitten einer öden Hochebene. Es ist die größte und besterhaltenste Karawanserei in Kleinasien, 1229 erbaut. Von dort erinnert uns die Weiterfahrt an Wyoming, USA: endlose Straße, menschenleer. Durch große Schlafmohnplantagen – staatlich kontrolliert – erreichen wir Afyon, wo ich auf abenteuerliche Weise, über mehrere Stufen, mit dem Motorrad in die Lobby fahren muss.
Am nächsten Tag führt die Reise wir durch eine Landschaft, die der Schwäbischen Alb ähnelt. Über Bozuyük geht es an einem riesigen See, Iznik Gölü, vorbei, durch eine herrliche Berglandschaft bis Pamukova. Über die Autobahn kommen wir nach Istanbul, wo wir 2 Tage in der Wohnung eines Freundes übernachten. Einige Sehenswürdigkeiten in Istanbul, die wir uns anschauen: Hagia Sofia, lange die größte Kirche der Christenheit, die Blaue Moschee, ein Traum aus 1001 Nacht. Wir bestaunen die Pferderennbahn mit dem ägyptischen Obelisken und der 2.500 Jahre alte Schlangensäule aus Delphi. Für den Großen Basar, mit seinen über 4.000 Geschäften und einer Fläche von mehr als 200.000 qm, nehmen wir uns viel Zeit. Die Süleymaniye-Moschee, ein Meisterwerk des Architekten Sinan, können wir wegen Renovierung nur von außen besichtigen. Eine Bosperus-Rundfahrt, entlang der schönsten Wohngegenden Istanbuls, steht ebenfalls auf unserem Programm.
Wir verlassen Istanbul auf der Autobahn, nach Silivri biegen wir ab, fahren am Marmaris Meer entlang bis Tekirdag. Von dort geht es durch das Gebirge bis zur türkisch / griechischen Grenze, die wir problemlos passieren. Weiter geht es durch riesige blühende Ginster- und Oleanderfelder. An der Grenzstation Evzoni (Übergang nach Mazedonien) übernachten wir. Am nächsten Morgen fahren wir durch Mazedonien, unverbaute Natur, große Weinstöcke, herrliche Täler und Berglandschaften, hübsche kleine Häuser mit blühenden Gärten. Dies ändert sich schlagartig, als wir in den Kosovo einfahren. Viel Müll und Schmutz sowie große Autofriedhöhe säumen die Straße. Wir überqueren das Amselfeld im Dinarischen Gebirge. Hier kämpften 1389 die Serben gegen die Osmanen, 77.000 Menschen starben und es begann die Eroberung der Balkanhalbinsel durch die Osmanen.
Auf einer landschaftlichen schönen Straße erreichen wir Serbien. Man lässt uns jedoch hier nicht ausreichen. Um nach Montenegro auszureisen, müssen wir einen Umweg von 150 km fahren, so dass wir im Kosovo in der Nähe von Pec übernachten. Am nächsten Tag fahren wir durch eine grüne Almlandschaft und einen traumhaften Pass nach Rozaje/Berane in Montenegro. Bei Regen gelangen wir über einen Pass nach Podgorica, durch den wildromantischen Tara Canyon. Diese Schlucht ist die längste und tiefste Europas, sie gehört zu den größten der Welt. Durch viele Tunnel erreichen wir Podgorica, passieren den Shkdra See, den größten See des Balkans und das Tor zu den albanischen Bergen. Über einen Pass geht es nach Petrovac, am Meer gelegen.
Und weiter führt die Tour, durch das fast 2.000 Jahre alte Kotor, bis nach Perast, unterhalb des St. Elias-Berges (873 m), in der Bucht von Kotor, am Meer gelegen. Am nächsten Tag genießen wir die schöne Küste Kroatiens, vorbei an Dubrovnik, ein paar Kilometer durch Bosnien-Herzegowina und wieder durch Kroatien, die malerische Makarska-Riviera auf einer traumhaften Straße oberhalb des Meeres. In Primosten, 60 km nördlich von Split, übernachten wir. Das ehemalige Fischerdorf mit seiner pittoresken, auf einer Halbinsel gelegenen Altstadt, ist ein beliebtes Ferienziel in Dalmatien.
Weiter geht die Reise bei starkem Regen und Wind (Bora) durch ein Gebirge, wo zerschossene Häuser und Panzer an den schrecklichen Krieg erinnern. Wir kommen nach Slowenien und dann nach Österreich, wo wir in Mureck ein letztes Mal übernachten, ehe wir am nächsten Tag Richtung Heimat, Niederbayern fahren.
33 Tage – 7.023 Meilen – 11.307 km – eine wunderbare Tour, mit tollen Erlebnissen und mannigfaltigen Eindrücken der vielen Sehenswürdigkeiten, die wir besucht haben. Auf der Reise über zum Teil extreme Straßen hat uns die Harley Baujahr 1995 Typ FLHTP, obwohl schon mehr als 130.000 km auf dem Tacho, niemals im Stich gelassen.
Bericht und Bilder: Rolf Kummer