Reisebericht Türkei: Halbmond II, vom 22. Mai bis 6. Juni 2004
Teilnehmer:
die Sippenmitglieder sowie Youngsters Tobi und Marvin,
die Biker Manfred und Conny Wolf, Klaus und Brita Friederichsen, Martin und Conny Mehl, Dietmar Schaich und Polly Haselkuss, Walter Roth, Axel Grünbauer, Helmut (in diesem Falle Offroad-Captain) und der wichtigste Mann aus unserem Istanbul-Chapter und gleichzeitig unser am weitesten entferntes Clubmitglied: Ugur Atasoy
Wie schon bei der ersten Reise, wurden die Mopeds ca. 1 Woche vor Reisebeginn mit dem Lkw nach Istanbul verladen und unsere Truppe flog am Donnerstag, dem 20. Mai, mit Turkish Airlines von Stuttgart nach Istanbul, die Ankunft war 15:00 Uhr. Ein Teil von uns machte sich sofort auf den Weg zur Spedition, um die Mopeds abzuholen, der andere Teil fuhr mit Ugurs Transporter ins Hotel und machte es sich auf der Hotelterrasse mit Efesbier oder Raki oder einem türkischen Cay gemütlich. Den meisten Teilnehmern war das Antik Hotel schon bekannt, nur Polly, Klaus und Britta sowie Conny Mehl waren die "Jungfüchse" in der Truppe.
Zur gleichen Zeit fand in Istanbul die ersten Turkish National Rallye statt. Wir waren zur Welcome Party mit freiem Barbecue und Dance Show eingeladen. Glücklicherweise hatten wir hervorragendes Wetter. Man konnte im Event Park sogar noch im Pool baden. Nachmittags waren Bauchtänzerinnen zu sehen. Bis Sonntag vertrieben wir uns die Zeit mit Besuchen des großen Basars, der Hagia Sofia oder der Blauen Moschee. Für die meisten Teilnehmer war sicher auch die Fahrt am Bosporus entlang wieder ein Highlight mit dem tollen Frühstück im As-Cafe, direkt am Bosporus. Wie immer bei Helmuts Reisen dürfen Essen und Trinken am Abend nicht zu kurz kommen, in Istanbul gibt es ja die besten Fleisch- und Fischlokale der ganzen Türkei.
Halbmond II stand unter dem Motto Schwarzes Meer und Kapadokien, also ging es am Montag mit dem Flug von Istanbul nach Trabzon. Die Bikes waren bereits mit dem Lkw verladen. Wir flogen am Montag für sage und schreibe 55,00 Euro pro Person, die Ankunft war um 16:00 Uhr, dann ging die Tour endlich richtig los.
Bei sonnigem Wetter ging es Richtung Rize dem Meer entlang und dann in die Berge hinein auf den Zygana-Pass. Dort übernachteten wir in Chalets und waren überrascht, dass es in dieser abgeschiedenen Welt fließend Warmwasser und Fernsehen gab. Das Größte aber war das Restaurant in einer Blockhütte, wo wir von einem Sänger den ganzen Abend unterhalten wurden. Wir nannten ihn Zappelphilipp. Leute aus der Gegend an der Schwarzmeerküsten nennt man "die Leute aus Lass", was die Ostfriesen der Türkei sind. Die Stimmung war gleich am ersten Abend hervorragend – wir tanzten in der Hütte zur türkischen Musik um den großen Grill herum und schlossen sofort deutsch-türkische Freundschaft mit einer Gruppe aus Ankara. Natürlich floss der Raki entsprechend.
Am nächsten Tag ging es weiter in ein anderes Seitental nach Sumela, eines der ältesten Klöster der Türkei, und zwar christlichen Ursprungs. Das Kloster ist ganz in den Fels konstruiert mit toll erhaltenen Gemälden. Es liegt absolut versteckt, denn die Bewohner wurden früher verfolgt und wichen immer mehr in die entlegenen Bergtäler zurück. Mittags hatten wir einen tollen Halt an einem Bergfluss mit einer Art Forelle und das alles im Freien.
Leider begann dann der Himmel, sich zuzuziehen. Das hatten wir wahrscheinlich unserem deutschen Road-Captain Dietmar zu verdanken. Vermutlich hat Petrus ihn mit dem offiziellen Road-Captain verwechselt, denn wenn Dietmar eine Tour führt, schifft's immer. Da wir beide allerdings etwas türkisch-arabisch dunkel aussehen, möge man Petrus die Verwechslung verzeihen. Jedenfalls fuhren wir Richtung Aydr und dort goss es in Strömen. Man konnte die Reisterrassen gerade noch erkennen. Bevor wir dann über ein Seitental einbahnstraßig das Ziel erreichten, machten wir noch einen Stopp im Regen und kauften Trinkproviant, da es später keinen Alkohol geben würde.
In zahlreichen Kurven ging es höher und höher. Man dachte schon, dass bald die Schneegrenze erreicht sei, so frostig war es. Nach etwa einer halben Stunde Fahrt hatten wir das Bergdorf erreicht. Unser Gepäck ging mit einem Lastenaufzug zu einem von einer Kleinfamilie betriebenem Bauernhof mit Zimmern. Alle mussten die Schuhe ausziehen, aber dann kam's: wir erhielten schöne türkische Schlepper. Zu essen gab's echte türkische Hausmannskost: wir saßen dicht gedrängt auf niedrigen Hockern bzw. Sitzkissen auf engstem Raum in den Privatgemächern der Familie, aber es schmeckte sehr lecker. Am nächsten Morgen konnten wir in der Kälte die berühmten selbst gestrickten Hausschuhe für 6,00 Euro das Paar kaufen (es wurden inzwischen schon 30 Paar nachbestellt). Aufgrund der Wetterlage mussten wir das Programm etwas ändern und fuhren ein Tal weiter über einen sehr holperigen mit wunderschönen Löchern ausgestatteten Feldweg (mit ihrer weich gefederten Maschine war Polly total begeistert), aber wir fanden dann sehr schöne einzeln aufgestellte Hexenhäuschen vor. Bei Martin und Conny zog es durch die Ritzen. Dietmars und Pollys Hexenhäuschen hatte einen Kaminofen, was wir gesehen und gerochen haben, denn die Socken von Polly verbrannten. Der Rest war sehr idyllisch.
Am Nachmittag versuchten sich noch ein paar ganz wilde Biker (Ugur, Springer und ich) an einer Offroad-Tour, um einen Wasserfall und ein zerfallenes Kloster zu besichtigen. Der Weg/Pfad wurde immer holperiger, steiniger und steiler. Ein Zurück gab es nicht mehr. Drei Camel-Trophy-Fahrzeuge erklärten uns für verrückt, so etwas mit einer Harley zu fahren. Am Schluss überquerte Ugur noch einen Gebirgsbach. Für Springer und mich war hier das Aus, wir legten die letzten 300 m zu Fuß zurück. Aber die Rhododendron-Hänge und der Ausblick von der Ruine auf das Tal waren die Mühe wert. Um ehrlich zu sein, glaube ich kaum, dass ich eine solche Strecke freiwillig noch einmal fahre – aber letztendlich kamen wir wieder heil ans Lagerfeuer zu unseren Hexenhäuschen zurück.
Danach verabschiedeten wir uns von den Bergen und fuhren bei bedecktem Himmel und Schauern der Schwarzmeerküste entlang nach Ordu. Die Ankunft war bei Nacht und ohne Ugur, denn sein Bike begann zu stottern und blieb immer wieder stehen. Die Gruppe hat sich fürs Weiterfahren entschieden, Ugur musste immer hinterherreiten. In dieser Phase hat sich das Begleitfahrzeug als sehr nützlich erwiesen, auch für die Kids, wenn es mal zu kühl wurde oder regnete. Das Hotel ließ dann alles schnell vergessen, denn wir erhielten ein super ausgestattetes Buffet.
Am nächsten Tag war es wenigstens nur bedeckt und wir machten uns auf in Richtung Südosten nach Amasya. Dort kamen wir mit Polizeieskorte im Apple Palace Hotel an, hoch über dem Tal gelegen mit Aussicht auf historische Plätze und Tempel, die in den Fels gehauen waren.
Die Polizeieskorte gab es deswegen, weil Ugur mal wieder anderthalb Stunden hinter uns fuhr und ich den Weg zum Hotel nicht kannte. Ich sah es zwar hoch am Berg liegen, es war nur unklar, wie man hinkommt. Also hielt ich die nächstbeste Autostreife an und bat auf Türkisch-Schwäbisch ("Was guckst du"), uns voranzufahren, was auch einige Kreuzungen lang funktionierte. Dann habe ich wieder nicht richtig verstanden, wie es weitergeht, bis uns die Streife zur Straße zum Hotel lotste. Das nennt man internationale Verständigung.
Am nächsten Morgen ging es dann endlich weiter in die wärmere Gegend nach Kapadokien. Es war ein relativ langer Ritt, aber die Sonne schien und man konnte wieder im T-Shirt fahren. So erreichten wir Ürgüp in mitten von Kapadokien. Als wir die Kegelformationen und Schluchten sahen, kamen wir aus dem Staunen wirklich nicht heraus. Das Allergrößte: unser Hotel war ebenfalls in den Fels gebaut - es war abartig schön.
Das schlechte Wetter am Schwarzen Meer verhalf uns dazu, dass wir uns dort drei Tage erholen konnten. Sämtliche Schluchten, Moscheen und Kegel wurden abgefahren. Ich darf an die schönen Orte erinnern wie Ortahisar, Avanos, Nevsehir, Göreme und Uchisar.
Ein weiteres Highlight war dann für einige Teilnehmer noch die Ballonfahrt im Coca-Cola-Ballon, dem größten Ballon Asiens mit einem Korb, in welchem 20 Personen Platz hatten. Die Fahrt ging morgens um 4:00 Uhr los und man war bei Sonnenaufgang über den Fels-/Kegelformationen. Was keiner wusste war, dass der Ballon die Fähigkeit hatte, sämtliche 4 Täler abzufliegen, egal, woher der Wind kam, und sich in die engsten Schluchten absinken und wieder aufsteigen zu lassen. Teilweise konnte man fast mit der Hand die Felswände berühren, so gut war der Ballon aufgrund von Seitenöffnungen zu manövrieren. Er konnte sich auf der Stelle drehen - das war gigantisch.
Danach hieß es dann Abschied nehmen und wir machten uns auf den Weg Richtung Ankara. Zwischenzeitlich war bereits Dienstag, der 1. Juni, und wir machten einen langen Ritt. Zwischendurch hatten wir schöne Längsrillen auf der Straße und wurden auch ein bisschen müde. Zu allem Überfluss, aber das hat nur ein Teil der Biker bemerkt, hatte sich ein Auto mit zwei Jugendlichen eingereiht, die sich beim Überholen etwas provoziert gefühlt hatten, da wir doch in einer längeren Linie fuhren. Sie setzten sich vor uns und drosselten das Tempo, aber sobald ich zum Überholen ansetzte, wurde wieder Gas gegeben und wieder gebremst und so ging das Spielchen fast eine Viertelstunde. Innerlich kochte ich, der Hals war schon geschwollen. Dann hat es unser dunkelhäutiger Biker Dietmar nicht mehr ausgehalten: Er zog an mir vorbei in Richtung Auto, das Messer in den Zähnen, die Augen gerollt, mit ausgestrecktem rechten Fuß... und dann: die Jungs hatten Schisse und zogen Leine! Es war eine filmreife Szene. Sie konnte leider nicht zu Ende gedreht werden, weil wir doch zwei Kids bei uns hatten.
Sei's drum, wir wurden entschädigt – Ugur fiel mal wieder aus - wir waren auf Hotelsuche, da wir die Tour etwas geändert hatten, und wurden auch schnell fündig: das Hotel lag an einem schönen See; wie immer wurde abends kräftig gespachtelt und nachgespült.
Am Mittwoch, dem 2. Juni, ging es dann weiter von Ankara nach Boulu. Das war eine tolle Sache; das Wetter war gut und wir hatten einen schönen Platz zum Übernachten in den Bergen. Die Umgebung war ähnlich wie im Schwarzwald, und zwar im Petro Club. Das war eine Art Park an einem Bergsee, dem Lake Abant. Dort ist noch ein Ehepaar aus Istanbul zu uns gestoßen, das den Rest mit uns nach Istanbul zurückfuhr. Am Lake Abant haben wir noch unser obligatorisches Gruppenfoto geschossen und dafür mal kurzfristig die Straße gesperrt.
Anschließend ging es von Boulu 350 km zurück nach Istanbul, immer noch bei gutem Wetter und mit einem schönen Halt an der Bosporus-Brücke, von der Polizei erlaubt. Freitag und Samstag waren zur freien Verfügung in Istanbul. Die einen nützten die Zeit für einen Besuch auf dem ägyptischen Basar, die anderen zur Weiterbildung in verschiedenen Moscheen. Toll war auch der Besuch eines der ältesten türkischen Bäder, nämlich des Gemberlitas-Hamam-Bads - getrennt für Frauen und Männer. Dort haben wir uns richtig durchgeschwitzt, massieren und abrubbeln lassen. Nicht zu vergessen natürlich, das Hubble-Bubble-Café, wo wir unsere Pfeife genossen. Da die Kids sich zwei Wochen so toll verhalten hatten, sponsorte Dietmar den Jungs ihren eigenen Joint aus Erdbeere, Apfel und Mint.
In der Zwischenzeit waren die Mopeds wieder bei der Spedition abgegeben und die Clique flog am 6. Juni wieder heil zurück. Unfälle hat es Gott sei Dank keine gegeben, Motorradausfälle ebenso wenig. Insofern warten einige schon auf Halbmond III, die in den Osten nach Lake Van, Nähe Diyarbakir führen wird. Bis dahin werden aber doch noch einige Tage ins Land gehen, denn zunächst möchte ich mit nach Andalusien und auch einfach einmal hinterherfahren, ohne zu planen, dann nach Amerika und dann schau mr mol.
Also, bis dann – so long – tekeschüler!
Euer
Offroad-/Offshore-Helmut
Einen besonderen und ausdrücklichen Dank an unser Member Ugur Atasöy mit seiner Frau sowie an die Familie Tuncman, die kräftig mitorganisiert haben, so dass die Reise zu einem gelungenen Event wurde.