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    ...willkommen in der Höhle

Portugal - HOG Magazin 3/2017

Dies ist ein Reisebericht unseres Members Rolf Kummer. Er ist im HOG Magazin 03 / 2017 nachzulesen.
Anmerkung des Webmasters
Wer Portugal hört, dem fallen meist Algarve, Lissabon, Porto und gigantische Atlantikwellen ein. Uschi und ich hatten allerdings etwas ganz anderes im Sinn: Unser Ziel war es, mit einer Harley-Davidson® Electra Glide® Police von 1995 das portugiesische Hinterland zu erkunden – und wir haben unsere Entscheidung keine einzige Minute bereut. Als Ruheständler spielt Zeit für uns eine untergeordnete Rolle, und so haben wir für unsere Tour satte drei Monate von April bis Juni eingeplant. Da die Übernachtung in Hotels über einen so langen Zeitraum viel zu teuer geworden wäre, bot sich unser Wohnmobil mit Trailer für die Harley an. Denn auch im portugiesischen Hinterland gibt es zahlreiche Campingplätze.

Nach sorgfältiger Planung haben wir schließlich drei Basiscamps ausgewählt, von wo aus wir das Landesinnere Portugals erkunden wollten: Évoramonte in Alto Alentejo, Arganil und Mondim de Basto.

Évoramonte,  Alto Alentejo

Allein der Südwesten des Landes war uns volle drei Wochen wert, um die wunderschöne Region rund um Alto Alentejo kennenzulernen. Zwar ist die Landschaft überwiegend flach, die Straßen dafür aber exzellent ausgebaut und verkehrsarm, allerdings meist schnurgerade. Hier lassen sich viele Burgen und Befestigungsanlagen bestaunen, die entlang der spanisch-portugiesischen Grenze wie an einer Perlenkette aufgereiht sind. Darunter Monsaraz, Terena und Alandroal, um nur drei zu nennen. Tatsächlich haben wir insgesamt zehn dieser Monumente besucht.

Zu den reizvollsten Orten auf unserer Tour zählt zweifellos Évora. Einst war die Stadt ein Zentrum des römischen Handels, heute gehört sie mit ihren zahlreichen römischen Baudenkmälern und der mittelalterlichen Stadtmauer zum UNESCO Weltkulturerbe.

Ebenfalls einen Besuch wert ist der kleine Ort Évoramonte mit seiner massiven Burganlage. In den ländlichen Regionen Portugals sind Harleys offenbar nur selten anzutreffen, und so sind wir oft von neugierigen Einheimischen – alte wie junge, Männer und Frauen – umzingelt, die unsere Maschine in Augenschein nehmen. Besonders die Kinder bekommen leuchtende Augen, wenn wir sie in den Sattel heben, um ein Erinnerungsfoto zu schießen. Dass man mit einer kleinen Geste so viel Freude bereiten kann, hat uns sehr beeindruckt. Und so sind es Erfahrungen wie diese, die eine Tour so unvergesslich machen. Schon nach kurzer Zeit stellen wir fest, dass viele Menschen vor Ort Englisch oder sogar Deutsch sprechen. Für uns eine willkommene Gelegenheit, mit den Einheimischen ins Gespräch zu kommen und mehr über die Kultur der Region zu erfahren.

In Monsaraz lernen wir einen Polizisten der Guarda Nacional Republicana (GNR) kennen. Er berichtet, dass er monatlich nur 1.000 € verdiene und davon allein 600 € für ein Hypothekendarlehen abzahlen muss. Nur weil seine Frau ebenfalls arbeitet, können die beiden ein halbwegs passables Leben führen.

Arganil

Irgendwann ist es an der Zeit, ein neues Basislager aufzuschlagen, und so fahren wir durch die Region Serra da Estrela nach Arganil. Während uns im Alentejo die reiche Kultur beeindruckt hat, genießen wir in Arganil die reizvolle Streckenführung, die ein ganz besonderes Erlebnis bietet. Die Gebirgslandschaft ist einfach spektakulär, die kurvenreichen Straßen sind ein Traum für jeden Biker. Um möglichst viel Natur zu erleben, meiden wir die größeren Städte mit ihrem lästigen Verkehr. Unsere Trips führen uns vielmehr durch reizvolle kleine Ortschaften, die alle einen Zwischenstopp wert sind. Hier begegnen wir freundlichen Menschen, die uns immer wieder auf Sehenswürdigkeiten in der Umgebung hinweisen. Einziger Wermutstropfen: die mitunter holprigen Kopfsteinpflaster der ansonsten hübschen Dörfer.

Von Arganil aus geht es in mehreren Touren durch die Serra da Estrela und die Serra de Alvelos. Ein besonderes Erlebnis ist die Fahrt über die Höhenstraße von Góis nach Foz Giraldo und der Trip auf das Dach Portugals, den 1.993 Meter hohen Torre in der Serra da Estrela. Natürlich darf auch ein Besuch der antiken römischen Stadt von Conímbriga nicht fehlen, eine der größten Ausgrabungsstätten des Landes. Besonders gefallen haben uns die aufwändigen Mosaike sowie die Thermen und Brunnen, die hunderte von Jahren überdauert haben.

Mondim de Basto

Nach weiteren vier Wochen wechseln wir unseren Standort erneut. Diesmal verschlägt es uns nach Mondim de Basto in der Region Serra do Alvão. Von hier aus fahren wir an den Rio Douro, ein bekanntes Anbaugebiet für Portwein, und besuchen die Serra do Barroso und den Parque Natural do Alvão. Hübsche Ortschaften wie Amarante, Guimarães und Lamego sind ebenfalls einen Abstecher wert. Anschließend geht es nach Porto, wo Uschi ihre Freundin Helga trifft und wir den örtlichen Harley Dealer besuchen. Den Händler in Porto überhaupt zu finden, war eine Herausforderung der besonderen Art, zumal wir die gesamte Tour ganz ohne Navigationssystem bestritten haben. Auf der Fahrt durch die Stadt sind wir oft von der geplanten Route abgewichen, weil entweder die Straße immer schlechter wurde oder sich neue, interessantere Zwischenziele auftaten. Wer nach dieser Methode reist, entdeckt nicht selten verborgene Schätze, an denen er sonst achtlos vorbeigerollt wäre. Auf diese Weise fanden wir auch den örtlichen Harley Händler, der einen kleinen, aber feinen und perfekt gestylten Shop betreibt. Nach einem Chat mit der Sales Managerin Alexandra Sousaand und dem obligatorischen Erinnerungsfoto endet unsere Stipvisite.

Als sich unsere Zeit in Portugal langsam aber sicher dem Ende neigt, denken wir über einen gebührenden Abschluss der Tour nach. Wir entschließen uns dazu, den einzigen Nationalpark des Landes zu erkunden. Die Fahrt durch den Nacional Parque da Peneda-Gerês ist einfach atemberaubend. Es gibt kaum Verkehr, dafür aber umso mehr aufregende Kurven und überwältigende Aussichten. Wir besuchen das malerische Pitões das Júnias und die Talsperre Barragem de Paradela, bevor es über endlose, schmale und kurvenreiche Straßen in Richtung der spanischen Grenze geht. Unterwegs kreuzen immer wieder Ziegen, Schafe und Rinder unseren Weg. Als jedoch die für die Region typischen Barrosã Langhorn-Rinder auftauchen, beschleicht uns angesichts der geballten Natur ein gewisses Unwohlsein. Die Herde liegt mitten auf der Straße vor uns und macht keinerlei Anstalten, das Feld zu räumen. Schnell wird aber klar, dass die Tiere trotz ihrer Respekt einflößenden Hörner ruhig und gelassen bleiben. Nur als sie doch noch aufstehen und mit ihren Schwänzen vor unseren Gesichtern herumwedeln, kommen noch einmal Zweifel auf. Mit Kälbern in der Herde wäre die Begegnung wahrscheinlich nicht so glimpflich verlaufen...

Die Straßen in dieser Region Portugals sind für Biker einfach ideal, wobei die Fahrt von Braga nach Chaves auf der N 103 bleibende Eindrücke hinterlassen hat. Die Straße ist breit ausgebaut und windet sich oberhalb des Flusses Cávado ins Gebirge. Von hier oben hat man einen unbeschreiblichen Blick auf die vielen blauen Wasserspeicher und die Berge der Serra do Gerês. Die Strecke ist ein absolutes Muss für alle Biker, die in der Gegend unterwegs sind, denn man muss es einfach selbst erlebt haben. Da die spanische Grenze nicht weit ist, bieten sich zudem zahlreiche Burgen zur Besichtigung an, darunter Lindoso, Montalegre und Chaves. Die Route von Amarante nach Peso da Régua durch die Serra do Marvão ist ebenso lohnenswert wie die Straße, die von Mondim de Basto ins Monte Farinha Gebirge (Pass Alto de Senhora da Graça) führt. Auf dem Gipfel bietet sich ein grandioser Ausblick, und nirgendwo sonst präsentiert sich die Landschaft im Norden Portugals so eindrucksvoll wie hier. Adeus, Portugal!

Unsere Entscheidung, die eher unbekannten Regionen Portugals unter die Räder zu nehmen, war goldrichtig. Die Freundlichkeit der Menschen hat uns überwältigt, die günstigen Preise für Essen und Trinken angenehm überrascht. Ansonsten bieten die von uns besuchten Regionen geradezu paradiesische Bedingungen für Biker, allein so kurvenreiche, verkehrsarme und einsame Straßen findet man sonst wo in Südeuropa kaum noch. Die Harley war nicht nur ein perfektes Bike, um das Hinterland zu erkunden. Sie war auch der Schlüssel, der die Herzen der Einheimischen geöffnet und viele interessante Gespräche ermöglicht hat. Keine Überraschung also, dass wir nie Probleme hatten, einen sicheren Stellplatz für unsere Maschine zu finden.

Mehr zu den Abenteuern von Rolf und Uschi gibt’s auf www.harley-rolf.de/ oder bei www.facebook.com/Uschi.Rolf.Motorrad.Reisen/

Bericht und Bilder: Uschi & Rolf

Arganil


Évoramonte


Mondim de Basto